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Volkstrauertag 2024: Gedenken am Friedhof Nauheim

Am Sonntag, dem 17. November 2024, versammelten sich etwa 25 Bürgerinnen und Bürger am Friedhof Nauheim, um gemeinsam der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken.

Die Veranstaltung, die von der Gemeinde Nauheim in Zusammenarbeit mit dem VdK organisiert wurde, stand im Zeichen der Erinnerung und des Appells für Frieden und Menschlichkeit.

Bewegende Rede von Herrn Herdt vom VdK

Herr Herdt, Vertreter des VdK, hielt eine eindringliche und bewegende Rede, in der er die Bedeutung des Gedenkens verdeutlichte und auch aktuelle Konflikte in den Blick nahm.

Die vollständige Rede finden Sie hier:


Rede zum Volkstrauertag von Herrn Herdt

Sehr geehrte Anwesende,

wieder versammeln wir uns hier, um der Toten aus zwei Weltkriegen zu gedenken. Und wie auch schon in den zwei Jahren zuvor müssen wir auch dieses Mal zahlreiche Opfer aus der Gegenwart in unsere Trauer miteinschließen.
Seit dem 24. Februar 2022 herrscht wieder Krieg auf unserem Kontinent, -- wurde mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine unsere Hoffnung auf ein dauerhaft geeintes und friedliches Europa zerstört.   Zusätzlich eskaliert seit einem Jahr der Nahostkonflikt und droht, sich immer bedrohlicher auszuweiten. Wir sehen, wie nur wenige Flugstunden von uns entfernt an verschiedenen Orten zeitgleich Flammen des Hasses auflodern, wie Städte in Trümmer gelegt werden, wie Menschen leiden, flüchten, hungern, sterben.

Die Geschichte des VdK ist eng mit den Schrecken des Krieges verknüpft. „Nie wieder!“ – das ist nicht nur der Blick in die Vergangenheit, um aus den Fehlern von damals zu lernen, sondern auch ein Ratschlag für die Zukunft.
Der feste Wille und die Entschlossenheit, alles dafür zu tun, dass sich die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs mit seinen 50 Millionen Toten nicht wiederholen möge, hat unseren Verband seit seinen Anfängen geprägt.
Und weil sich der VdK zunächst als Selbsthilfeorganisation von Kriegsopfern gegründet hatte, besteht auch bis heute seine besondere Verbindung zum Volkstrauertag. Dabei geht es nicht um verordnete Trauer, um ein im Laufe der Jahrzehnte verblasstes und leer gewordenes Ritual. Es geht darum, Verantwortung für die eigene Geschichte zu übernehmen, sich zu erinnern, statt zu vergessen oder zu verdrängen, es geht darum, sich mit Schmerz und Verlust auseinanderzusetzen.
Trauern ist wichtig. Ohne Trauer kein Mitgefühl. Tatsächlich gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die besagen, dass Trauern uns stärker macht, dass wir daran wachsen und dass vor allem auch unsere Fähigkeit zur Empathie, also zum Einfühlen in die Not anderer Menschen, dadurch zunimmt.  
Mitgefühl und Verständnis – wir können sie gebrauchen in diesen Tagen, in denen der Ton in unserem Land härter und unversöhnlicher zu werden scheint,
in denen sich die Gräben zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen vertiefen und das gegenseitige Misstrauen wächst. Diese Entwicklung kann zur Gefahr werden.
Ablehnung, Feindseligkeit und Hass sind nicht einfach da, sie werden gemacht. Es ist einfacher, Schuldige statt Lösungen zu suchen.   
Aber damit kommen wir als Gesellschaft nicht weiter. Im Gegenteil – und das gemahnt uns der Ort, an dem wir uns hier befinden: Kriegsgräber sind die letzte und unumkehrbare Folge von Hass, Hetze und Gewalt. Insofern verstehen wir den Volkstrauertag auch als Appell, sich für Respekt, Toleranz und Menschenrechte einzusetzen.
1922 wurde zum ersten Mal ein Volkstrauertag in Deutschland abgehalten. Damals hielt der Abgeordnete Paul Löbe eine bewegende Rede im Reichstag. Auch Löbe betonte die Kraft der Trauer. Seine Worte haben bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Deshalb lassen Sie mich mit einem Zitat aus seiner Ansprache enden:

„Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, Tote zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr vom Hass,
bedeutet Hinkehr zur Liebe.“ Und diese Liebe haben wir auch heute bitter nötig.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen, ebenso wie allen, die an der Organisation dieser Veranstaltung mitgewirkt haben, ein herzliches Dankeschön für Ihre Teilnahme und für Ihr Engagement sagen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


Musikalische und geistliche Beiträge

Der St. Jakobus Kirchenchor umrahmte die Gedenkfeier mit einfühlsamen Liedern, die den Anlass würdig begleiteten. Auch die christlichen Kirchengemeinden Nauheims trugen zum feierlichen Rahmen bei: Herr Uhlemann von der katholischen Kirchengemeinde und Frau Niklaus von der evangelischen Kirchengemeinde sprachen gemeinsam das Totengedenken.

Kranzniederlegung am Ehrenmal

Zum Abschluss der Veranstaltung legten Vertreter der Gemeinde (Rosalia Radosti und Kerstin Deimer) und des VdK zwei Kränze am Ehrenmal nieder, um die Verbundenheit mit den Opfern von Krieg und Gewalt sichtbar zu machen.

Die Gemeinde Nauheim dankt allen Beteiligten, die durch ihr Engagement und ihre Beiträge diese würdige Gedenkveranstaltung ermöglicht haben.